Emanzipation beginnt bei jedem selbst

Foto Team DarkWeib

Feminismus erlebt zum Glück gerade einen neuen Auftrieb.

Noch immer ist es so, dass es keine tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter gibt. Solange es so starke Ungleichheiten gibt, muss daran gearbeitet werden, die Gleichstellung, wie sie auch vom Grundgesetz vorgesehen ist, umzusetzen.

Umso verwunderlicher ist es, dass es noch immer – oder vielleicht wieder – Frauen gibt, die die „alte Rollenverteilung“ für sich entdeckt haben.

Besonders in der Rollenverteilung der Kindererziehung wird dies deutlich. So hört man immer wieder das Statement einiger Frauen, ihre Männer würden sich in der Kindererziehung zurückhalten.

Ist das wirklich so oder bremsen einige Frauen gar die Männer aus?

Das ist eine wirklich spannende Frage, denn pauschal würden nun die meisten Frauen antworten, ihre Männer hätten einfach keinen Bock, sich um die Kinder zu kümmern.

Ganz ehrlich: Ich bin absolut verwundert, wenn ich Mütter heutzutage erlebe. Warum sage ich heutzutage? Das ist relativ einfach erklärt, ich bin selbst Mutter von zwei mittlerweile erwachsenen Kindern. Prinzipiell finde ich es toll, was sich in puncto Kinderbetreuung getan hat. So haben Eltern nun ein Anrecht auf einen KiTa-Platz, es gibt in jeder KiTa Plätze für Kinder unter drei Jahren und es gibt das Elterngeld für beide Elternteile.

Es ist sicher richtig, dass es sich heute kaum mehr jemand leisten kann, dass ein Elternteil drei Jahre nach der Geburt eines Kindes zu Hause zu bleibt.

Leider ist es auch noch immer Fakt, dass in den meisten Familien die Männer das höhere Einkommen haben und somit das Elterngeld und die damit verbundene Elternzeit von Frauen in Anspruch genommen wird.

Das impliziert, dass die Frauen, die zu Hause bleiben und die Elternzeit in Anspruch nehmen, ihre Rente dezimieren und ihre Karriere ausbremsen.

Ob das allen Frauen klar ist, ist relativ egal. Tatsache ist, dass viele Familien so handeln, da sie für eine sehr kurze und überschaubare Zeit ein paar Euro mehr zur Verfügung haben, wenn der Elternteil mit geringerem Einkommen die Elternzeit in Anspruch nimmt.

Durch die fehlende Gleichstellung ist das in unseren Breitengraden noch immer die Frau. Ja, Frauen verdienen noch immer weniger als Männer, sogar in den identischen Jobs.

Somit wird den Männern in die Hände gespielt, wenn es um das Thema „Elternzeit“ geht. Sie verdienen mehr und es ist natürlich angenehmer, ein paar Euro mehr zur Verfügung zu haben, vor allem wenn Kinder da sind.

Aber liegt es allein an monetären Gründen, dass die meisten Kinder hauptsächlich von ihren Müttern versorgt werden, oder sind es nicht doch auch die veralteten Rollenbilder?

Es gibt in dieser Hinsicht nur zwei feststehende Dinge, die unabänderlich sind: Die Schwangerschaft und auch das Stillen sind nur einer Frau möglich.

Dennoch, wer sich selbst nicht dazu entschieden hat, ein Kind allein zu erziehen, hat für alles andere einen Partner – eigentlich.

In der Umsetzung sieht man jedoch in den meisten heterosexuellen Paarbeziehungen, dass die Frau den größten Teil der Kinderbetreuung übernimmt, das zumeist sogar freiwillig! Genau dieser Punkt ist erschreckend.

Bereits während der Elternzeit könnte man die Männer in der Freizeit in die Kindererziehung einbinden, was bereits bei vielen ausfällt. So bringen meist die Mütter die Kinder zu Bett, füttern die Kinder oder beschäftigen sich anderweitig mit ihnen, obwohl die Väter zu Hause sind. Das Argument, die haben ja auch den ganzen Tag gearbeitet ist ehrlich gesagt sehr schwach, denn die Frau hat ebenso gearbeitet, Haushalt und Kindererziehung sind schließlich kein Urlaub.

Nach der Elternzeit geht es, wenn man zuvor bereits in diesem Rollenschema gearbeitet hat, genau so weiter. Sprich, die Mutter übernimmt, obwohl sie selbst arbeitet, den größten Teil der Kindererziehung und Kinderversorgung.

Spätestens dann müsste jedem klar sein, dass sich Beruf und Kinder miteinander vereinbaren lassen. Doch da ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen.

Vermittelt man seinen Kindern diese alte Rollenverteilung, so erscheint es für die Kinder selbstverständlich, dass die Mutter diejenige ist, die zu Hause bleibt und die Erziehungsaufgaben übernimmt.

Somit sollten sich alle Mütter bewusst machen, was sie ihren Kindern vorleben. Die Mutter ist diejenige, die die Familie umsorgt und die Kinder erzieht, der Vater ist der Kumpel, mit dem man etwas unternimmt.

Anhand dieses Beispiels wird es deutlich, dass die Gleichstellung bereits im Kindesalter beginnt. Wenn wir da nicht langsam anfangen, den Schalter umzulegen und bereits in der Familie alte Verhaltensmuster auflösen, wie sollte es dann gesamtgesellschaftlich passieren?

In einer Welt, in der man angeblich ach so emanzipiert ist, es dennoch von angeblich feministischen Frauen verbreitet wird, wie vollkommen daneben es ist, wenn Töchter etwas mit ihren Müttern unternehmen – vor allem, wenn das auch noch abseits von Kaffee und Kuchen oder einem Mittagessen stattfindet – ist eine Gleichstellung in weiter Ferne.

Es gibt selbstverständlich viele Themen, in denen sehr klar wird, wie weit wir von einer tatsächlichen Gleichstellung entfernt sind.

Wir Frauen lassen uns nicht einfach nur verbieten, welches „unweibliche“ Verhalten wir an den Tag legen. Nein, wir verbieten es uns ganz klar gegenseitig.

Das ist so armselig und trotzdem finden es die meisten Frauen auch noch unglaublich lustig.

Mädels, merkt ihr noch was?

Da steht zum Beispiel eine Frau auf der Bühne, eine Chefin eines komplexen Veranstaltungsteams, und macht sich darüber lustig, dass es Frauen gibt, die mit ihren Müttern feiern gehen und/oder mit ihren Müttern befreundet sind.

Dass es unfassbar peinlich sei, mit der eigenen Mutter einen Club zu besuchen. Entweder wäre es so – und das finde ich besonders interessant – dass die Typen voll auf die Mutter abfahren, was man unter keinen Umständen will, oder die Mutter wäre eine typische Mutti, die Strickjäckchen und Apfelschnitze verteilt, nachdem sie in der „Disco“ erst mal ordentlich durchgelüftet hat.

Was bitte ist das denn für ein bescheuertes Frauenbild?

Darüber, dass Väter mit ihren Söhnen saufen oder gar in den Puff gehen, wird natürlich kein Wort verloren und es ist gesellschaftlich anerkannt.

Es ist zum Teil sogar anerkannt, wenn Väter auf die Freundinnen ihrer Söhne stehen.

Wenn wir weiterhin solche Bilder zulassen, dass Frauen, sobald sie Mütter sind, nur noch diese eine Funktion haben, nämlich Mutter zu sein, werden wir niemals absolut emanzipiert sein können.

Und wenn wir es erst recht zulassen, den Frauen, die diese antiquierten Frauenbilder verbreiten, als emanzipiert, gar feministisch anerkennen und ihnen applaudieren, sind wir gar sehr weit von echter Emanzipation entfernt.

Der größte Feind der Emanzipation ist die Frau selbst, solange sie weiterhin dieses Frauenbild verbreitet. Denn Emanzipation beginnt im Privatleben. Nur wer privat und persönlich emanzipiert genug ist, den männlichen Partner in die Kindererziehung zu integrieren, zu unternehmen, worauf und mit wem man Lust hat, wird auch beruflich emanzipiert auftreten können.

Seid mutig, seid emanzipiert! Es kann klappen.

Ich feiere übrigens regelmäßig mit meiner Tochter, die mich nicht mit dem Vornamen anspricht, somit also jeder weiß, dass wir Mutter und Tochter sind.

Auch mit meinem Sohn besuche ich regelmäßig Konzerte, der mich jedoch mit Vornamen anspricht, was für mich absolut in Ordnung ist. Ich mache es schließlich nicht davon abhängig, ob ich die Mutter bin oder nicht, wie meine Kinder mich ansprechen.

Beide Kinder hatten das Glück in einer sehr emanzipierten Welt aufzuwachsen. Keines der Kinder wurde geschlechtsspezifisch erzogen oder „gefördert“ und beide sind durchaus in der Lage, ihren Haushalt und ihr Leben allein auf die Reihe zu bekommen.

Ich musste noch nie, seit meine Kinder in ihren eigenen Haushalten leben, die Wohnungen meiner Kinder aufräumen, deren Wäsche waschen oder bügeln. Und Apfelschnitze bot ich deren Freunden nur an, als sie alle noch Kinder waren.

Wenn auch ihr die Welt etwas emanzipierter angeht, kann es irgendwann mit der Gleichstellung klappen.

An die Mütter: Ihr seid es euren Kindern schuldig!

astrid

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