Jetzt erst recht!

Früher waren mehr Frauen an der Macht

Das Patriarchat bringt uns ins Mittelalter, der Feminismus in die Steinzeit!“

Diesen Kommentar bekam ich, als ich einen Artikel der NZZ kommentierte. Ich möchte hier nicht unerwähnt lassen, dass der Titel und Co-Titel des Artikels, die meisten lesen heutzutage nur noch die Titel, mehr als unklug gewählt waren, aber auch der Artikel selbst war mehr als fragwürdig.

Tatsächlich musste ich über diesen Kommentar von einem Mann, der auf seinem Profilbild einem Neandertaler ähnelt, herzlich lachen.

Wir leben im Patriachat, somit leben wir seiner Meinung nach wohl im Mittelalter. Und in der Steinzeit gab es seiner Meinung nach wohl viele Feminist:innen. Dann lassen wir ihn am besten in diesem Glauben.

Dass es sowohl in Frühgeschichte, als auch im Mittelalter tatsächlich Herrscherinnen gab, belegt die Geschichte.

Die wohl erste Herrscherin eines Weltreichs – zumindest soweit unsere Kenntnisse zurückreichen -  war Hatschepsut, Tochter von Thutmosis I, Halbschwester und Ehefrau von Thutmosis II. sowie Stiefmutter von Thronfolger Thutmosis III.

Thutmosis II starb, als der Thronfolger erst vier Jahre alt war. Hatschepsut, die mit dem gesamten Regierungsapparat und den Regierungsgeschäften vertraut war, wollte zunächst die Regierungsgeschäfte so lange übernehmen, bis Thutmosis III. alt genug war, um den Thron besteigen und das Land regieren zu können.

Tatsächlich saß Hatschepsut, soweit man es nachvollziehen kann, wohl über 20 Jahre auf dem Thron und führte gemeinsam mit ihrem Stiefsohn und Thronfolger Thutmosis III. Ägypten in ein glorreiches Zeitalter.

Unter ihrer Regierung vergrößerte sie nicht nur das Land, sie führte Ägypten zu Reichtum und Frieden.

Da es im alten Ägypten weder normal noch anerkannt war, dass eine Frau auf dem Thron saß, gab sich Hatschepsut selbst den männlichen Herrschertitel Pharao und kleidete sich wie ihre männlichen Vorfahren.

Eine weitere große Herrscherin der Weltgeschichte war Katharina die Große, die sich eigenmächtig als Herrscherin von Russland nach dem Tod ihres Ehemannes Zar Peter III. einsetzen ließ.

Katharina die Große machte aus Russland eine Großmacht, führte das Land in Wohlstand und führte soziale Reformen für die Bevölkerung ein.

Sie war die einzige Herrscherin, die jemals den Beinamen „die Große“ führen durfte. Wobei man ihr in Frankreich den Titel nur männlich „Katharine le grand“ zustand.

Elisabeth I. musste sich nicht allein durchsetzen, um als Königin inthronisiert zu werden, dies regelte bereits ihr Vater, Heinrich VIII., der keinen männlichen Nachkommen hatte und schon zu Lebzeiten bestimmte, dass sowohl männliche als auch weibliche Nachkommen den Thron besteigen dürfen.

Wobei für diese Reform, sowie auch für einige andere Reformen, eine Frau im Hintergrund den Anlass gab: Niemand geringeres als Elisabeths Mutter Anne Boleyn.

Anne Boleyn war von König Heinrich VIII. als Mätresse auserkoren, worauf diese sich unter keinen Umständen einlassen wollte. Da Heinrich der schönen und gebildeten Frau keinen Wunsch abschlagen konnte und seiner Ehefrau Katharina von Aragon überdrüssig war, setzte er sehr viele Hebel in Bewegung, um sich scheiden lassen zu können.

Auch Elisabeth I. führte, wie bereits zuvor Hatschepsut und Katharina die Große, ihr Land zu Frieden und Reichtum, zum glorreichen Zeitalter! Elisabeth I. verweigerte sie sich einer Heirat, zu der sie der Kronrat zu gern zwingen wollte.

Wenn man die Geschichten dieser drei sehr gestandenen und imposanten Frauen, die jeweils allein über ein Weltreich herrschten, verfolgt und über deren Errungenschaften nachdenkt, ist es dann wirklich so abwegig, zu sagen, dass Frauen das gleiche leisten können, wie Männer?

Alle drei Frauen haben mehr geleistet als ihre männlichen Vorgänger, alle drei Frauen hatten ein absolut weibliches Äußeres, Hatschepsut und Katharina die Große hatten auch Kinder.

Alle drei waren Feministinnen, die von Männern hochverehrt wurden.

Keiner von ihnen sagte man nach, sie hätten Männer abschaffen wollen, keiner sagte man nach, sie seien frustrierte alte, hässliche Frauen.

Sie haben sich lediglich keinem Mann unterworfen, sie kommunizierten mit Männern auf Augenhöhe, obwohl sie es, wie sie alle bewiesen besser konnten als ihre männlichen Vorgänger.

Was wir hierbei nicht vergessen oder übersehen dürfen: Keine der drei Frauen hat sich für Frauen oder deren Rechte eingesetzt. Obwohl sie selbst den gleichen Respekt verlangten, den man ansonsten nur Männern zollte, taten sie nichts dafür, anderen Frauen zu gleichen Rechten wie Männern zu verhelfen. Ebenso war der gesamte Regierungsstab dieser drei Herrscherinnen homogen männlich.

Dieses Phänomen erlebten und erleben wir auch im weiteren Verlauf der Geschichte. Obwohl immer wieder Frauen an der Spitze eines Landes stehen, kommen wir der Gleichstellung nur im Schneckentempo näher.

Obwohl der Welt oft genug bewiesen wurde, dass Frauen die gleiche Leistung erbringen können wie Männer, werden Frauen von Männern weiterhin herabgewürdigt.

Auch Frauen machen dabei gern mit, stänkern gegen andere Frauen, kehren hierbei zu gern, wie auch Männer, die Optik heraus. Der Fachbegriff ist hier internalisierte Misogynie.

Es interessiert niemanden, wie ein Mann aussieht, der einen hohen Posten innehat. Eine Frau hingegen darf kein Pfund zu viel wiegen, hat immer zu lächeln, sollte möglichst nicht zu alt sein. Dennoch: zu weiblich sollte sie sich bitte auch nicht geben.

Die Rolle der Frau in der Gesellschaft wird oft genug falsch wiedergegeben, vor allem wenn es um die verschiedenen Epochen und Zeitalter geht.

Da im Mittelalter Frauen auf den höchsten Thronen Europas saßen, die Geschicke der Länder gelenkt haben, sollte man davon ausgehen, dass es nicht mit dem Zeitalter zu tun hat, was eine Frau leisten kann, es hat nur mit dem einfach strukturierten Denken einiger Leute zu tun, die Angst haben, ihre Macht zu verlieren.