Everybodys Darling ist meist auch everybodys Arschloch

Jeder von uns kennt sie, diejenigen, die so unfassbar nett sind und sich mit jedem verstehen. Jeder mag sie, sie sind beliebt und stehen überall im Mittelpunkt.

Sie werden überall gern gesehen und werden immer eingeladen. Sie sind so unfassbar nett.

Sind sie das wirklich?

Nein, verdammt noch mal! Everybodys Darling versucht es vordergründig jedem recht zu machen und sich mit jedem zu verstehen. Was nicht nur ein Verrat an sich selbst ist, da sicher jeder Mensch seine eigene Meinung und seinen eigenen Lifestyle hat, sondern auch Verrat an Freunden.

Schaut man hinter die Fassade dieser Menschen, erkennt man sehr schnell den Egomanen, dessen einziges Ziel es ist, im Mittelpunkt zu stehen und dem Loyalität ein Fremdwort ist.

Nicht nur seinen Bekannten, sondern gar seinen echten Freunden, so er denn welche hat, gegenüber ist everybodys Darling illoyal. Zu gerne verrät er seine Bekannten und Freunde, indem er sie bloßstellt, sich über sie lustig macht oder nicht zu ihnen steht. Auch ist everbodys Darling die Indiskretion in Person. Für Menschen, die glauben, in everybodys Darling einen wahren Freund gefunden zu haben, ist das besonders hart.

Er hat einfach über jeden etwas zu erzählen, was ironischer Weise seine Beliebtheit fördert.

Es wird einfach alles breitgetreten, sowohl aus dem Privat- als auch aus dem Berufsleben. Tatsächlich haut er auch seine Kollegen in die Pfanne, bei denen er selbstverständlich auch sehr beliebt ist. Ob er weiß, dass es datenschutzrechtliche Konsequenzen haben kann, wenn man berufliches privat erzählt? Selbstverständlich sind hier keine pauschalen Aussagen ohne Namensnennung gemeint. Everybodys Darling nennt sowohl definitve Fakten, als auch Klarnamen. Sogar Dinge, die niemals den Betrieb verlassen dürfen.

Aber das ist everybodys Darling vollkommen egal, er hat nur ein Ziel: Beliebt zu sein!

Auch vor denen, deren Ruf er gerade in den Schmutz gezogen hat, möchte everybodys Darling gut dastehen. Das schon fast Lächerlichste daran, er schafft es! Er schafft es allein schon aus dem Grund, da er ach so beliebt ist und alle ihn mögen. So ein netter Mensch hat keine schlechten Eigenschaften!

Allerdings schafft er es dadurch supergut, dass andere sich plötzlich nicht mehr mögen, seine Indiskretion hat dafür gesorgt, Zwietracht zu säen.

In dieser Zwietracht sieht er seine Chance und seinen Ruhm, da ihn alle mögen, somit auch diejenigen, die sich im Clinch liegen und er sie tröstet, selbstverständlich beide Seiten. Er ist der Gute und hat für jeden ein offenes Ohr und eine Schulter, an die sich jeder anlehnen kann, damit jeder sieht, was für ein Guter er ist.

Während ich früher dachte, dass es doch verdammt anstrengend sein muss, everbodys Darling zu sein, weiß ich mittlerweile nicht nur, dass es wesentlich anstrengender ist, man selbst mit eigener Meinung und eigenem Lifestyle zu sein, sondern dass es das Anstrengendste überhaupt ist, mit everybodys Darling befreundet zu sein.

Es funktioniert nicht, absolut nicht.

Man muss immer aufpassen, was man sagt und macht. Man weiß  eigentlich, dass alles direkt weitergegeben werden könnte, was meist leider genauso ist. Man weiß, dass man wieder angeeckt ist, ohne etwas dafür zu können.

Eines meiner liebsten Beispiele ist eine Begegnung, die ich als gruselig empfand.

Während eines Einkaufs hatte ich das Gefühl, verfolgt zu werden. Mir war wirklich mulmig zumute, da ich weiß, dass ich nicht unter Verfolgungswahn leide.

Nach einigen Minuten, ich schaute mich öfter um, bemerkte ich, dass ich recht hatte, ich wurde verfolgt.

Es war eine Bekannte, die ich nur von Parties kannte und mit der ich nur sehr selten sprach. Als sie merkte, dass ich sie bemerkte, sprach sie mich an und wir unterhielten uns ganz kurz.

Ich kann mir keine Namen merken und benötigte einige Stunden, um den Namen zu recherchieren, da ich diese Begegnung als lustige Anekdote jemandem erzählen wollte.

Jemandem, dem ich zu dieser Zeit noch mein Leben anvertraut hätte, obwohl ich schon öfter feststellte, dass er nicht sonderlich diskret ist.

Ich erzählte ihm die Anekdote, auch dass ich es total gruselig fand! Ich fand es vor allem gruselig, da ich dieses Gefühl des Verfolgt werdens hatte. Das hatte jedoch nichts mit der Person zu tun, sondern mit der Situation.

Ein paar Wochen später fiel mir auf, dass sich die „Verfolgerin“ mir gegenüber komisch verhielt. Daher fragte ich die Person, der ich die Begebenheit erzählte, ob er ihr etwa davon erzählt hätte. Ja, hat er, da es sie etwas anginge.

Ganz ehrlich, ich war fix und fertig! Bestimmt hätte ich es ihr irgendwann selbst erzählt, und wir hätten über diese Situation lachen können.

Doch nun bin ich in ihren Augen eine Persona non grata, da sie es von ihm hörte, der es sicher anders erzählte.

Aber ist ja egal, wir können uns ja beide bei ihm ausheulen und er ist der Gute. Sicher würde er auch nochmals vermitteln, wenn es notwendig ist.

Er ist der Gute, ich bin die Böse. Er ist der Gute, ich bin diejenige, die nun sicher Hilfe braucht, damit diese andere Person wieder mit mir spricht.

So einfach ist das für everybodys Darling. Es gibt immer die Bösen, denen er jedoch zuhört, die er tröstet und er würde sicher gar vermitteln.

Doch tatsächlich ist es eine toxische Freundschaft, die man mit everybodys Darling pflegt, da er so ziemlich alles dafür tut, weiterhin bei jedem beliebt zu sein, sich jedoch jedem einzelnen gegenüber illoyal zeigt, allein, um derjenige zu sein, der da ist, tröstet und eventuell auf Wunsch vermittelt.

Wobei auch das mit dem Wunsch so eine Sache ist, denn everbodys Darling geht davon aus, dass man den Wunsch hat, dass vermittelt wird.

Ein Teufelskreis! Bei dem es nur einen Gewinner gibt: Everybodys Darling!

Gut, man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Es gibt auch diejenigen, die nett zu jedem sind, da sie entweder sehr zurückhaltend sind und Konflikte scheuen und daher niemanden direkt konfrontieren würden. Doch hat eine solch scheue Person nichts Schlechtes über andere Menschen zu berichten. Nicht einmal dann, wenn jemand wirklich gemein zu dieser Person war. Allein aus Angst, man könne sie nicht leiden.

Ebenso gibt es Menschen, die so sehr nach Harmonie streben, und sich wirklich wünschen, dass sich alle Menschen miteinander verstehen.

Das jedoch funktioniert nicht.

Wir Menschen sind per se Rudeltiere, die selten autark leben. Wir sind auf soziale Kontakte angewiesen und haben daher auch eine Rangordnung.

Die Rangordnung wird von den meisten so verstanden, wie sie zu verstehen ist. Nämlich, dass wir Menschen, andere Lebewesen und Eigenschaften haben, die uns besonders wichtig sind, denen wir eine Priorität zuordnen. Wir legen Loyalität an den Tag, die wichtig ist, um selbst auf Loyalität zurückgreifen zu können. Man weiß auf wen und was man sich verlassen kann. Dieses Wissen sichert unsere Existenz.

Menschen, die sich eher illoyal zeigen, haben es irgendwann sehr schwer im Leben, zumindest in ihrem sozialen Umfeld.

Bestimmte soziale Gefüge verlangen absolute Loyalität, die der egomane everybodys Darling nicht bieten kann oder will. Zu sehr hat er sich an den Glanz, bei allen beliebt zu sein, gesonnt, dass er nicht mehr darauf verzichten möchte.

Dass er mit diesem Verhalten irgendwann einmal jemanden so sehr vor den Kopf stößt, dass derjenige, dessen Vertrauen er schamlos ausgenutzt hat, sich gänzlich von ihm abwendet, rechnet er einfach nicht. Er ist der Gute, der immer alles richtet und vermittelt.

Doch sicher kann er damit leben, er ist ja noch immer mit allen anderen befreundet und bei allen anderen beliebt. Und sicher haben sich viele von der Person, die mit ihm gebrochen hat, abgewendet.

Ja, das ist fies. Je nachdem wie gut man mit everybodys Darling „befreundet“ war, kann es nach einem Bruch dazu kommen, dass man plötzlich allein dasteht. Denn everybodys Darling ist der Gute.

Daher kann ich euch nur ans Herz legen, zu euch, eurer Familie und euren Freunden zu stehen. Euch für das einzusetzen, was ihr für wichtig haltet und einfach mit euch im Reinen zu sein.

Wir haben nur dieses eine Leben, ein sehr kurzes dazu, das sollten wir dafür nutzen, uns mit Menschen zu umgeben, die wir lieben und das zu tun, was wir möchten. Und nicht ständig darauf achten zu müssen, was man sagt oder macht, mit der Angst, dass es andere komisch oder blöd finden könnten. Man legt sich dadurch selbst in unsichtbare Ketten, die einem die Luft zum Atmen nehmen.

Nur, wenn wir wir selbst sind, hinter uns, unserer Familie, unseren Freunden und den Dingen, die wir gerne machen, stehen, können wir frei und glücklich leben. Dazu muss uns nicht jeder mögen, so wie wir auch nicht jeden mögen müssen.

So, wie man Abneigungen gegen bestimmte Lebensmittel hat, darf man auch Abneigungen gegen bestimmte Menschen haben.

Wer angeblich alle Menschen mag, ist unehrlich, auch unehrlich zu sich selbst.

Ich habe mittlerweile gelernt, everybodys Darling zu bemitleiden, denn echte Freude kann er am Leben nicht haben, solange er so lebt. Denn so kann er weder wahre Freunde, noch bedingungslose Liebe oder absolute Loyalität finden.

WGT – Das Leben ist schön!

Wer hätte noch vor wenigen Wochen oder Monaten gedacht, dass wir in einem solchen Rahmen wieder feiern dürfen?

Doch wir durften und das ist gut so!

Auch wenn die WarnApp bereits am Dienstag nach dem WGT Alarm schlug, worauf ich und sicher viele von euch bereits vorbereitet waren, so war dieser Urlaub von der Pandemie Balsam für die Seele, den wir dringend brauchten.

Dieses Abenteuer nach zwei Jahren Stillstand war grandios! Vielen Dank dafür.

Doch wie könnte es anders sein, es wurde viel gemeckert. Des Deutschen Lieblingssport.

Im Vorfeld wurde sich bereits über die Ticketpreise gemeckert, die sich nun auf € 170,- plus VVK oder AK belaufen.

€ 170,-  scheinen einigen für ein Festival, das sich über fünf Tage erstreckt, Eintritt in Museen, Stadtführungen, ÖPNV, jede Menge Partys und 222 Bands zu viel zu sein.

Ernsthaft? Ich habe hier noch einige Tickets für Einzelkonzerte liegen, für die ein Preis von € 20,- bis € 70,- aufgerufen wird, und das sind nicht einmal die teuersten Einzelkonzerte, die ich besuchte. Alles ohne anschließende Parties, in Museen kann ich auch nicht, doch einige beinhalten tatsächlich das ÖPNV-Ticket.

Ebenso zahlen einige gern über € 100,-  für ein Festival, das gerade mal zwei Tage geht, keine Museen, kein ÖPNV, Partys kosten extra.

Diese Relationen scheinen einige also nicht zu verstehen. Selbstverständlich gab es neben dem WGT in Leipzig noch einige Veranstaltungen, die extra bezahlt werden mussten, doch das war schon immer so. Wer nebenbei das Gothic-Pogo-Festival oder ähnliches besuchen wollte, musste schon immer extra zahlen.

Lass sie reden!

Ich für meinen Teil bin auf meine Kosten gekommen, auch wenn ich, wie immer weniger Bands sah, als ich wollte.

Dafür habe ich in diesem Jahr sehr viel von Leipzig und darüber hinaus gesehen. Wenn man es einmal geschafft hat in die falsche Richtung zu fahren, kann man das scheinbar gar nicht oft genug wiederholen.

Die Konzerte, die ich unbedingt sehen wollte, sah ich! Die mir wichtigsten Menschen traf ich. Mit tollen Menschen feiern und gemeinsam Zeit verbringen, schaffte ich. Und nur darauf kommt es an, auch wenn mein ursprünglicher Plan weitere Konzerte beinhaltete.

Mein absolutes Konzerthighlight war Potochkine! Bereits im Vorfeld war es mein absoluter Favorit und ich wurde nicht enttäuscht. Im Gegenteil, live sind Potochkine gar noch besser! Obwohl die Aufnahmen schon großartig sind.

Es stimmte einfach alles: Der Sound, die Bühnenpräsenz und die Stimme! Die Stimme der Aufnahmen ist bereits der absolute Hammer, doch live! Oh my Goth! Wie kann man nur so entzückend sein und eine solche Stimme haben! Grandios!

Ich habe auch einige andere Konzerte auf dem WGT besucht, jedoch war keines davon so herausragend. Klar, VNV Nation war technisch und auch ansonsten perfekt, auch Ronans Charisma war, wie immer, großartig. Ich war selbstverständlich hin und weg, von seiner Zwiesprache mit dem Publikum und seiner merklichen Freude, endlich wieder vor großem Publikum spielen zu können. Aber VNV sehe ich, zum Glück, oft genug. Auch in diesem Jahr wird es nicht das letzte Mal gewesen sein, sie gesehen zu haben.

Auch S.P.O.C.K. waren sowohl technisch, als auch charismatisch großartig. Gary Numan, ein Genuss! Doch wie immer gab es auch die Konzerte, bei denen einem klar war, dass es Bands gibt, die live nicht so gut funktionieren.

Daher mein Resümee zu den Konzerten: VNV war wie nach Hause kommen, Potochkine war eine Offenbarung!

Doch die Konzerte sind nicht das Einzige, was man auf dem WGT erleben kann. Und erleben kann man eine Menge! Auch fernab abenteuerlicher, ungewollter Rundreisen durch Leipzig.

Man kann auch unfassbar viele neue Leute kennenlernen, Bekannte und Freunde treffen und feiern ohne Ende.

Und wie immer, war ich leider leicht verpeilt. Gehört bei mir dazu!

Leute kennenlernen ist auf jedem Festival einfach, doch auf dem WGT noch einfacher. Da reicht es schon, Straßenbahn zu fahren. Die Straßenbahn spielte in diesem Jahr eine große Rolle.

So begab es sich, dass ich während einer Fahrt zur Agra sehr nette Menschen kennenlernte, vor allem eine Frau. Wir unterhielten uns etwa ab dem Augustusplatz bis zur Agra. Das ist eine ordentliche Fahrtzeit von ca. 30 Minuten, wenn nicht etwas mehr.

Sie wollte gern wissen, wie ich aussehe, doch da ich wie Puck, die Stubenfliege verkleidet war, wie sie mehrfach anmerkte, war das wohl schwierig.

Ich dachte die ganze Zeit darüber nach, dass ich die Maske abnehmen kann, sobald wir die Bahn verlassen. Dass Puck jedoch die Metapher für die Sonnenbrille war, die ich trug, kapierte ich erst, als ich die Maske abnahm.

Aber liebe Michi, ich glaube, du hast dennoch mein Gesicht auch ohne Sonnenbrille sehen können! Vielen Dank für die schöne Fahrt durch Leipzig. Ich würde mich über ein spontanes weiteres Treffen sehr freuen.

Meine Verabredung traf ich leider nicht mehr, da ich ab Betreten der Agra kein Internet mehr hatte. Aber wie es auf dem WGT so ist, findet man sehr schnell Anschluss und ich feierte den Tag, den Abend und die Nacht mit einer mir bis dahin unbekannten Frau und noch einigen anderen. Aber die große Unbekannte war schon die Beste an dem Samstag des WGT.

Es gab zudem Menschen, die man nicht, oder zumindest nicht ständig, sehen wollte, aber überall und immer auftauchten, Pop-Up-Menschen.

Aber solch minimale Ärgernisse können einen bei einer solch gigantischen Party nicht runterziehen. Denn die Stimmung, diese Auszeit von dem Alltag, vor allem dem Alltag der Pandemie, war großartig!

Die Hoffnung, dass wir nun langsam wieder in den Normalzustand zurückgelangen macht glücklich, auch wenn es noch einige Zeit dauern wird, bis die Normalität zurückkehrt, wie wir sie vor Corona kannten.

Dennoch, ihr Lieben, wir sind noch nicht ganz durch, doch das Schlimmste haben wir hinter uns und können somit positiv in die Zukunft schauen.

Leipzig sehe ich bald wieder, spätestens im September, doch auf das WGT muss auch ich noch eine Weile warten, wie wir alle!

Genießt den Sommer mit großartigen Konzerten und Festivals!

astrid